Styled Shoots: Zu schön, um wahr zu sein?

Sind Styled Shoots „Kundentäuschung“?

Styled Shoots sind keine Hochzeiten, aber sie sehen meist aus wie Hochzeiten. Und zwar wie besonders schöne. Oft wird daher kritisiert, Fotos aus Styled Shoots würden potentielle Kunden irreführen, weil sie keine echten Hochzeiten darstellten, und würden falsche Vorstellungen wecken. – Stimmt das? Was ist überhaupt ein Styled Shoot, und wieso macht ein Fotograf so etwas? Wann kann man von gezielter Täuschung sprechen? Und woran erkennt man ein Styled Shoot?

Blumen in kleiner Vase auf vintage Tisch Hochzeit

Was sind Styled Shoots?

Styled Shoots, oft auch als „Inspirationsshootings“ bezeichnet, sind freie Arbeiten von Fotografen, meist in Zusammenarbeit mit anderen (Hochzeits)dienstleistern und Models (oft sind das echte (Braut)Paare aus dem Bekannten- oder Kundenkreis der Mitwirkenden). Die Fotos werden geplant und es gibt ein Konzept, welche Art Bilder entstehen sollen. Es wird ein passender Ort ausgewählt, ein Set aufgebaut, die passende Tageszeit, ein gutes Lichtsetting gewählt.

Viele Fotografen machen Styled Shoots, um sich weiterzuentwickeln, eigene Ideen zu verwirklichen. Und nicht zuletzt auch, um mit anderen Dienstleistern der Branche zusammen kreativ zu sein – etwas zu gestalten, wo sich alle einbringen mit dem, was sie am besten können. Bei solchen Shootings wird i.d.R. niemand bezahlt; jeder trägt das bei, was er kann und zeigen möchte, und alle erhalten später die Fotos zur eigenen Verwendung. Und natürlich werden diese Fotos von den Fotografen und Dienstleistern dann auch veröffentlicht.

Kritik

Oft wird kritisiert, Fotos aus Styled Shoots würden potentielle Kunden irreführen, weil sie keine „echten“ Hochzeiten darstellten, und würden falsche Vorstellungen wecken.

Die Diskussion ist bei dem Thema oft sehr emotionsgeladen. Vor allem Fotografen selbst blicken mitunter sehr kritisch auf Kollegen, die Styled Shoots auf ihren Seiten zeigen. Schnell steht der – unterschwellige oder offene – Vorwurf der vorsätzlichen Täuschung im Raum. Manche Fotografen betonen, dass sie auf ihren Seiten nur echte Paare/echte Hochzeiten zeigten. Wenn es also folglich Fotografen gibt, die unechte Paare/unechte Hochzeiten zeigen – ist das dann nicht tatsächlich eine Täuschung?

Es ist wichtig, die Sache differenziert zu betrachten. Wie mit fast allem ist es auch hier so, dass gute Kommunikation der Schlüssel ist und „die Dosis das Gift macht“.

Tischdekoration Platzkarten mit Blumen

Unterschiede zwischen Hochzeiten und Styled Shoots…

Ein kleiner Einblick: Die Situation bei einem Styled Shoot ist für alle Beteiligten völlig anders als bei einer Hochzeit. Beim Styled Shoot kann man nach Plan vorgehen und auch mal etwas wiederholen. Der ganze Fokus liegt auf optimalen Bedingungen für die Fotos. Man nimmt sich viel Zeit. Potentielle Störfaktoren sind weitgehend minimiert.

An einem wirklichen Hochzeitstag dagegen ist mitunter viel Improvisationsgabe vom Fotografen gefragt, wenn für die Fotos eben nicht die perfekte Location, nicht das ideale Licht und wenig Zeit verfügbar sind. Und statt vielen möglichen Wiederholungen, bis das gewünschte Bild klappt, gibt es an echten Hochzeiten oft nur einen einzigen Moment, wo das Foto gleich stimmen muss.

…und Workshops

Auch gibt es Shootings, die im Rahmen von Workshops stattfinden und von der Workshopleitung für die teilnehmenden Fotografen bereits organisiert sind. In so einem Fall sitzt der Fotograf natürlich im gemachten Nest: Denn er fotografiert als Workshopteilnehmer eine fertige Szenerie (meist zusammen mit anderen teilnehmenden Fotografen), optimal eingestellt und gezielt ausgestattet mit frischem Wissen und Tips.

Gerade für Anfänger in der Hochzeitsfotografie sind solche Erfahrungen reizvoll und zweifellos hilfreich. Aber gerade bei ihnen ist es problematisch, wenn sie vorwiegend mit solchem Material werben und gleichzeitig (noch) nicht viel anderes vorweisen können, denn ihr Portfolio zeigt dann kaum ihr tatsächliches Können in realen Hochzeitssituationen.

Braut an vintage Tisch mit Hochzeitstorte auf Wiese unter Kirschbaum

Eine Verhältnisfrage.

Weist ein Fotograf nicht darauf hin, dass es sich bei einem nahezu perfekt wirkenden Shooting um ein Styled Shoot bzw. einen Workshop handelt, dann kann es schon sein, dass dies bei potentiellen Kunden falsche Vorstellungen weckt. Zumal viele Paare gar nicht wissen, dass es etwas wie Styled Shoots überhaupt gibt.

Ein Portfolio, das vorwiegend aus Styled Shoots besteht, zeigt kaum das, was an echten Hochzeiten zu erwarten ist – sowohl hinsichtlich der Motive als auch der fotografischen Ergebnisse.

Da das Portfolio eines Hochzeitsfotografen in erster Linie dazu dienen soll, Paaren zu zeigen, was sie von ihm realistisch erwarten können, sollte der Großteil seiner Referenzen folglich aus echten Hochzeiten stammen. Denn nur hier musste er sich wirklich den hochzeitstypischen Stressfaktoren stellen, die weder in Workshops noch in freien Arbeiten simuliert werden können.

Braut Freundinnen liegen auf Wiese unter Kirschbaum

Sind nun Styled Shoots „Kundentäuschung“?

Meiner Meinung nach liegt eine „Täuschung“ dann vor, wenn ein Hochzeitsfotograf Paare bewusst in dem Glauben lässt, Styled Shoots seien echte Hochzeiten gewesen, und solche Situationen und Ergebnisse seien bei jeder Hochzeit realisierbar. Besonders kritisch wird es, wenn er vorwiegend oder gar ausschließlich mit solch arrangierten Fotos wirbt.

Ich finde aber auch: Jeder Fotograf muss vor sich selbst verantworten, wie und womit er sich präsentieren möchte. Schließlich ist es ja in seinem eigenen Interesse, realistisch erwartbare Ergebnisse zu zeigen, um entspannt und aufrichtig reale Kundenaufträge annehmen zu können, aus denen er sich ja auch Weiterempfehlungen erhofft.

Übrigens: Auch manche Ergebnisse aus realen Hochzeiten sind atemberaubend, weil alles super gepasst hat, und sind damit u.U. ebensowenig reproduzierbar. Man sieht schon: Das Thema ist vielschichtig und mitunter schwer zu durchschauen und zu bewerten.

Transparent sein: Was ist echt?

Deshalb ist es im Sinne aller Beteiligten, solche Shootings im Portfolio zu kennzeichnen, und auch das Verhältnis aus „echten“ und „arrangierten“ Fotos im Blick zu haben. 

Es gibt übrigens durchaus Graubereiche: So finden z.B. After Wedding Shootings mit Hochzeitskleidern auch nicht am eigentlichen Hochzeitstag statt, können daher anders/freier angegangen werden. Und manche kleinen Styled Shoots mit echten Paaren und nur wenig Heitei sind einem normalen Paarshooting nicht unähnlich. „Echt“ ist also oft Definitionssache mit fließenden Grenzen. 

Für Euch als Kunden ist grundsätzlich ein hilfreicher Anhaltspunkt: Je vielseitiger das Portfolio ist, je mehr unterschiedliche Paare/Feiern Ihr dort seht, desto mehr Erfahrung hat dieser Fotograf. Meist schreibt er im Portfolio auch etwas über die gezeigten Hochzeiten bzw. Shootings, woraus Näheres hervorgeht. 

In einem umfangreichen, vielseitigen Portfolio machen sich freie Arbeiten dann auch entsprechend souveräner.

Ringe an Cakepop

Kein Widerspruch.

Und nun lasst mich eine Lanze für die freien Arbeiten brechen! : ) Eine ausgewogene Mischung aus echten Hochzeiten und freien Arbeiten im Portfolio ist meiner Ansicht nach weder problematisch noch anrüchig. Im Gegenteil: Freie Arbeiten verraten dem Kunden etwas über den Fotografen. Sie zeigen, was diesem Fotografen selbst gefällt, wo er selbst gestalterisch und konzeptionell gearbeitet und eigene Ideen umgesetzt hat.

Wer schon mal ein Styled Shoot organisiert hat, weiß, wie viel Leistung an Organisations-, Kommunikations- und Zeitmanagement in so einem Projekt steckt. Und wie viel Freude und Leidenschaft. Es wird einem also auch hier nichts geschenkt; die Leistung wird einem nur auf anderen Ebenen abverlangt.

Bleibt dennoch die Frage: Weshalb hat ein Fotograf überhaupt Styled Shoots „nötig“, wenn er doch viele echte tolle Paare und Hochzeiten hat?

Braut auf der Wiese im warmen Abendlicht

Inspiration…

Zu allen Zeiten haben Künstler und Handwerker neben Kundenaufträgen auch freie Arbeiten gemacht.

Vielleicht möchte man als Fotograf wahnsinnig gerne mal ein Brautpaar auf einer Kirschblütenwiese fotografieren. Oder am Meer. Oder in den Bergen. Oder nachts im Kerzenschein. Oder ein bestimmtes Farb- oder Stilkonzept umsetzen, das einem besonders gefällt. Hier ein Shooting selbst auf die Beine zu stellen, ein Konzept zu entwickeln, Mitwirkende zu finden – das zeigt Engagement, Ideenreichtum und Organisationsgabe. Es erweitert die eigenen Kenntnisse, denn man kann auch neue Dinge ausprobieren – und dabei ggf. auch das Risiko eingehen, dass etwas nicht funktioniert.

Und: Freie Arbeiten können eine Inspirationsquelle sein für Paare auf der Suche nach Ideen. Solange sie sich noch im Entscheidungsprozess befinden, sind sie ja noch mitten auf dem Weg, auf Ideensuche und im Dialog: Miteinander, mit den Dienstleistern, und damit auch mit dem Fotografen.

…und Kommunikation

Ein Hochzeitsfotograf wird idealerweise „sein“ Paar immer auch beraten, und zwar meistens schon in der Frühphase der ganzen Hochzeitsplanung, weil Fotografen i.d.R. relativ frühzeitig gebucht werden.

Welche Fotos also für ein Paar in dessen individueller Situation wirklich umsetzbar sind, dazu wird ein erfahrener Hochzeitsfotograf im persönlichen Gespräch einen realistisch machbaren Nenner mit dem Paar finden. „Falsche Vorstellungen“ (ob nun ausgelöst durch Styled Shoots oder andere Quellen, derer es ja zahllose gibt) sollten so also schon beizeiten aus dem Feld geräumt sein – durch klare und rechtzeitige Kommunikation.

Candy Macarons Kekse bei Hochzeit

Ein Styled Shoot ist keine Garantie für Perfektion!

Nebenbei bemerkt: Auch bei Styled Shoots können Dinge gehörig schieflaufen. Das Wetter kann z.B. schlecht sein, Models oder Dienstleister können kurzfristig krank werden oder absagen, Zeitverzögerungen sich einstellen… und solche Dinge können dem Fotografen einiges an Improvisationsgabe abverlangen. Ich selbst hatte zwar erst wenige Styled Shoots, aber diese fand ich keinesfalls weniger stressig als echte Hochzeiten. Im Gegenteil. Nach manchem Styled Shoot war ich schon zerstörter als nach einer Ganztagesreportage. ; ) – Ein Styled Shoot ist also keine Garantie für Perfektion.

„Styled Shoot“ klingt für mich übrigens sehr fancy. Ich selbst spreche am liebsten von „freien Arbeiten“ und nenne sie bei mir auch so, weil dieser Name den freien, autarken Charakter und die eigene Ideenumsetzung des Shootings schön verdeutlicht.

Ringe in Blumen

Woran erkennt man Styled Shoots? Und was geht wirklich?

Wenn Ihr den Eindruck habt, die Bilder eines Fotografen seien „zu schön, um wahr zu sein“, dann schaut zunächst, was er dazu schreibt – daraus geht oft schon einiges hervor. Ist das Shooting (ggf. auch nur in der Fußnote) als Workshop, Inspirationsshooting, freie Arbeit oder Styled Shoot bezeichnet? Sind andere Fotografen, Dienstleister, Coaches genannt/verlinkt, wie es für Styled Shoots oder Workshops typisch ist? – Daran erkennt man oft schon, worum es sich handelt.

Wenn Ihr immer noch unsicher seid, dann fragt einfach nach, wie und wo diese tollen Bilder entstanden sind. Erzählt von Euch und sagt, was Ihr Euch wünscht, und fragt, ob das geht. Ein seriöser Fotograf wird Euch solche Fragen beantworten und sagen können, was für Euch in Eurer Situation möglich ist. Und auch, was nicht.

Alle Bilder in diesem Artikel stammen aus einer freien Arbeit. : )