Wie ich meinen Stil gefunden habe

Die meisten Hochzeitsfotograf:innen haben ihren eigenen „Stil“, in dem sie fotografieren und bearbeiten. Dieser Stil ist bestimmend und prägend dafür, wie die Bilder nachher aussehen. Stile können sich gewaltig voneinander unterscheiden – und was gefällt, ist im Endeffekt viel Geschmackssache. i.d.R. ist es ein mehr oder weniger langer Weg, bis man als den eigenen Stil gefunden hat. Welcher Weg war das bei mir?

Wie es ist

Unweigerlich zieht es mich in der Bearbeitung meiner Reportagen zu warmen, etwas schweren, satten Farben. Ich mag eine leichte bis mittlere Körnung auf den Bildern sowie Gemütlichkeit und Nähe im Ausdruck. Hierfür fotografiere ich weitgehend offenblendig und sehr gerne mit Tele-Brennweiten, da dies den Effekt noch verstärkt. Im Wesentlichen ist es diese Kombination aus meiner Art zu sehen und zu fotografieren und meiner Bildbearbeitung, die ich als meinen „Stil“ bezeichnen würde.
 
Natürlich habe ich im Lauf der Zeit verschiedene Fotografier- und Bildbearbeitungsarten verfolgt und geprüft, womit ich am besten arbeiten kann und möchte – vor allem was die farbliche Bearbeitung der Fotos betrifft. Vieles davon habe ich wieder verworfen oder entschieden, dass ich mir maches nur für bestimmte Fälle vorbehalte. Bis heute erhalte ich mir hier Freiheiten, wenn etwa eine bestimmte Bearbeitung die Atmosphäre besonders gut wiedergibt. Das können auch mal weitwinklige, sehr cleane Bilder und luftige, pastellige oder erdige Farben sein. Aber im Grunde zieht es mich immer wieder in eine definierte Richtung.
 

Die Frage

Warum ist das so? Eine reine Geschmacksfrage? Beeinflussung durch Trends und andere Fotograf:innen? Oder steckt mehr dahinter?
 
Ich habe keine bestimmten Fotografen auf dem Schirm, die derzeit so bearbeiten, und denen ich aktiv folge. Die Trends gehen aktuell in andere Richtungen. Was zieht mich also zu diesen Farben und diesem Finish, wieso fühlt sich das für mich so richtig und natürlich an?

Die Spur

In einem der Lockdowns habe ich damit begonnen, sehr alte Dias einzuscannen. Aufnahmen aus meiner frühesten Kindheit in den 80er Jahren, und auch Aufnahmen meiner Eltern aus der Zeit vor meiner Geburt.
 
Die Dia-Abende meiner Kindheit – der ratternde Projektor, die Leinwand, der typische Geruch dieser Sachen… und dann das Leuchten der projizierten Bilder in den typischen warmen Farben der allgegenwärtigen Agfa-Diafilme – das waren meine ersten Eindrücke von Fotografien. Etliche dieser Bilder hingen dann auch an unseren Wänden. Mit diesen Eindrücken verband ich lauter positive Dinge – und eine gewisse Selbstverständlichkeit. Wir haben viel Urlaub gemacht in meinen ersten Lebensjahren, meine Eltern haben viel (und gekonnt) fotografiert. Wie dankbar ich für diese Bilder bin, wird mir erst jetzt, Jahrzehnte später, wirklich bewusst.
 

Wiedergefunden

Beim Sichten dieser Dias, die ich so lange nicht gesehen habe – speziell beim Projizieren in ihrem Detailreichtum – erkenne ich, dass sie in Farbgebung und -stil ziemlich genau dem entsprechen, wohin es mich bei meiner eigenen Bildbearbeitung zieht. Wenn man es so aufrollt, ist das im Grunde keine überraschende Erkenntnis. Trotzdem ist es, als hätte ich etwas lange Verschüttetes wiedergefunden. Etwas, das sich tief ins Unterbewusstsein eingegraben hat. Bis heute, bis in meine Arbeit hinein. Das ist eine schöne Prägung.
 
Es waren Umwege notwendig, um wieder dorthin zu finden, diese Dinge wieder aktiv ins Bewusstsein zu holen. Und in dieser rückblickenden Betrachtung fällt nun alles an seinen Platz!