Hin und wieder möchten Verwandte oder Freunde ihrem Brautpaar einen „Überraschungsfotografen“ für die Hochzeit schenken, von dem das Paar nichts weiß.
Zunächst ist das ein wirklich schöner Gedanke! Bei näherem Hinsehen hat die Idee allerdings eine Menge Nachteile. Die Vorstellung, dass bei der Hochzeit auf einmal ein Fotograf auftaucht und dem Brautpaar locker spontan eine Reihe toller Bilder oder eine ganze Reportage macht, steht in der Praxis auf äußerst wackeligen Beinen.
Wieso? Und welche Alternativen gibt es, einen „Fotografen zu schenken“?
Der Vertrag und Rechtliches
Die allermeisten Fotografen arbeiten mit Vertrag – zur gegenseitigen Absicherung, und um unmissverständlich den Umfang des Auftrages festzusetzen. So ein Vertrag sollte immer zwischen dem Fotografen und dem Brautpaar gemacht werden, nicht mit deren Eltern oder Freunden.
Zudem gilt das Fotografieren einer Person mittlerweile als Erhebung personenbezogener Daten. Der Fotograf muss, um rechtlich abgesichert zu sein, das Brautpaar vorab schriftlich über ihre datenschutzlichen Rechte und andere diesbezügliche Dinge aufklären, und sich dies von ihnen bestätigen lassen.
Für das Fotografieren von Hochzeitsgästen ist nach derzeitigem Stand nicht von jedem einzelnen Gast eine schriftliche Zustimmung erforderlich (Erwägungsgrund 47 DSGVO). Trotzdem sollte das Brautpaar seine Gäste bereits vor der Hochzeit informieren, dass ein Fotograf anwesend sein wird, und ihnen die Möglichkeit geben, dem Fotografiertwerden bereits im Voraus persönlich schriftlich zu widersprechen.
Man sieht: Schon lange vor der Hochzeit gibt es formale Hürden, die man kennen muss und über die ein „Überraschungsfotograf“ leicht stolpern kann.
Planung und Einsatz
Der Einsatz des Fotografen ist meistens sehr eng an der gesamten Tagesplanung orientiert. Dazu ist es wichtig, dass der Fotograf bereits vorab Möglichkeiten hat, mit den Planern der Hochzeit in Kontakt zu treten und relevante Punkte zu klären, die für das Fotografieren wichtig sind. Nicht immer kennt das Brautpaar alle Programmpunkte, daher sind im Vorfeld die Trauzeugen oder auch Hochzeitsplaner wichtige Ansprechpartner für Fotografen.
Ein Fotograf, der die Planung nicht oder nur unzureichend kennt, kann sich evtl. nicht oder nicht rechtzeitig auf bestimmte Programmpunkte einstellen. Das gilt auch für kurze Begleitungen. Im ungünstigsten Fall kann fehlende Abstimmung dazu führen, dass es von bestimmten Situationen keine oder keine guten Bilder gibt. Denn auch wenn ein Fotograf sein Equipment blind kennt: Das Wechseln eines Objektives z.B. ist je nach Situation unabdingbar, und wenn es schnell gehen muss, können wenige Sekunden hier viel ausmachen.
Der andere Fotograf
Möglicherweise hat das Brautpaar selbst bereits einen Fotografen gebucht (ggf. schon viele Monate vor der Hochzeit, ohne alle Freunde und Verwandten darüber zu informieren). Taucht bei der Hochzeit dann überraschend ein unangemeldeter Fotograf auf, ist das eine ungünstige Situation für alle Beteiligten. Besonders der „Überraschungsfotograf“ wird das Nachsehen haben, denn er findet sich als quasi überflüssig oder sogar unerwünscht wieder. Das Brautpaar wird wohl dem selbst gebuchten Fotografen den Vorzug geben.
Unabhängig davon ist es auch schwierig, parallel ohne vorherige Absprache zu fotografieren, gerade bei einer Hochzeit. Ein gebuchter Fotograf beansprucht i.d.R. die gute Perspektive für sich. Der „andere“ mag ggf. im Weg sein oder steht vielleicht sogar im Bild. Zudem muss es oft sehr schnell gehen, und Abstimmung ist dann nicht immer einfach. Und zwischen all dem sitzt das Brautpaar, das allen gerecht werden möchte.
Die persönliche Ebene
Ein Überraschungsfotograf ist für das Brautpaar i.d.R. ein völlig fremder Mensch.
Bei einer Hochzeit sind es i.d.R. die Dienstleister, die sich „außerhalb“ befinden, also weder zur Familie noch zum Freundeskreis gehören. Dennoch hat das Brautpaar sie normalerweise zumindest einmal getroffen und weiß, was es für Menschen sind, die sie über einen gewissen Zeitraum an ihrem wichtigen Tag begleiten werden.
Gerade ein Fotograf ist dem Brautpaar mit seiner Tätigkeit besonders nah. Das Fotografieren ist etwas Persönliches. Ein Brautpaar, das seinen Fotografen kennt und ihm vertraut, ist vor dessen Kamera viel gelöster als vor der Kamera eines Fremden. Auch für einen Fotografen ist es angenehmer, Menschen zu fotografieren, die er kennt, von denen er das eine oder andere weiß, und bei denen er sich angekommen fühlt.
Übrigens möchte auch nicht jedes Brautpaar einen (Überraschungs)Fotografen.
Manche Menschen lassen sich nicht gern fotografieren oder sind dabei unsicher. Manche brauchen etwas Zeit, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen. Und die haben sie, wenn sie für sich selbst und in Ruhe ihren Fotografen aussuchen und kennenlernen können.
Vertrauen ist ein wichtiger Punkt – und Vertrauen entsteht am Einfachsten im Voraus, im Gespräch, wo Bedenken und Wünsche angesprochen werden können. Oft kann ein kleines Kennenlernshooting die Befangenheit nehmen, so dass auch ein scheues Paar sich wirklich auf seine Fotos freuen und einlassen kann, und weiß: Dieser Fotograf kennt und versteht uns, nimmt uns ernst und geht auf unsere Anliegen ein.
Absprachen über die Bilder
Die meisten Fotografen haben einen bevorzugten Stil, in dem sie fotografieren und ihre Bilder bearbeiten. Manche Stile unterscheiden sich gewaltig voneinander. Ein Paar, das sich seinen Fotografen selbst aussucht, kann in Ruhe Portfolios anschauen, sich jemanden aussuchen, treffen und alle bildbezogenen Fragen direkt mit ihm klären. So wissen Paare schon beizeiten, womit sie rechnen und was sie erwarten können, und entscheiden selbst.
Auch die Frage nach eventueller Veröffentlichung der Bilder im Portfolio des Fotografen sollte man vorab ansprechen. Die meisten Fotografen haben Interesse daran, zu zeigen, was sie machen. Manche Menschen möchten jedoch nicht in Portfolios oder sonstwie online gezeigt werden, während andere sich ehrlich darüber freuen; wieder andere sind sich vielleicht unsicher und möchten nicht schon im Voraus entscheiden.
Grundsätzlich braucht ein Fotograf für eine Veröffentlichung immer die Zustimmung der fotografierten Person/en. Es ist dennoch sinnvoll, schon vorab voneinander zu wissen, wie Paar und Fotograf zu der Frage stehen, und wie die Erwartungen sind. Mit einem Überraschungsfotografen sind solche Absprachen kurzfristig kaum möglich, oder werden evtl. gar nicht getroffen und enden später vielleicht in falschen Erwartungen.
Fazit und Alternative
Das waren jetzt einige wesentliche Punkte, die gegen einen Überraschungsfotografen sprechen – aus der Sicht eines „Insiders“, der die beschrieben Situationen kennt.
Ich möchte niemandem eine schöne, lieb gemeinte Idee madig machen – sondern nur auf Dinge hinweisen, an die man evtl. nicht gleich denkt, und die in der konkreten Situation seltsam werden könnten.
Wenn Ihr als Verwandte oder Bekannte Eurem Brautpaar einen Fotografen schenken möchtet, dann gibt es dafür trotzdem Möglichkeiten! – Welche?
Meine Empfehlung für Euch:
– Fragt Euer Paar, was sie von der Idee halten. Wie wichtig sind ihnen Fotos?
– Ist vielleicht schon ein Fotograf gebucht? Wenn ja, könnt Ihr einen Zuschuss zu den Kosten anbieten – oder vielleicht Verlängerungsstunden. Auch das ist ein „Geschenk zum Fotografen“, das sicherlich mit Freude angenommen wird.
– Falls noch kein Fotograf gebucht ist und Euer Paar vielleicht aus Kostengründen darauf verzichtet hätte: Erzählt ihnen von Eurer Idee und ermutigt sie, nach einem guten Hochzeitsfotografen Ausschau zu halten, der zu ihnen passt.
– Wenn Ihr eine Budgetvorstellung habt, nennt sie Eurem Paar. Damit können die beiden dann in Ruhe einen passenden Fotografen aussuchen – und für sich überlegen, ob oder wieviel sie ggf. selbst noch selbst drauflegen möchten.
– Oder Ihr sprecht mit Eurem Paar über die Möglichkeit, die Gäste für die Buchung eines Fotografen sammeln zu lassen. Viele Brautpaare wünschen sich Geld zur Hochzeit – es ist gut möglich, den finanziellen Zuschuss an einen bestimmten Zweck zu binden. An eine Reise, ein Auto, eine Einrichtung – wieso nicht auch an einen Fotografen?